Rechtsanwalt Ulrich Horrion |
Rechtsgrundsatz
Insolvenzrecht Dresden
Die Vermutung der Zahlungsunfähigkeit nach §
17 Abs. 2 S. 2 InsO aufgrund Zahlungseinstellung kann nur durch den Beweis der
Zahlungsfähigkeit widerlegt werden, nicht jedoch durch den Beweis der
Zahlungsunwilligkeit (BGH, Urteil vom 15.03.2012, Az. IX ZR 239/09).
Sachverhalt Insolvenzrecht
Dresden
Seit 2001 laufen bei Fa. S Steuerschulden
auf. Diese erreichen 2003 eine Höhe von ca. € 1,2 Mio.
Am 07.04.2003 zahlt Fa. S darauf ca. €
235.000,00 an das Finanzamt. Fa. S bittet mehrfach um Stundung und
Ratenzahlung, weil die erforderlichen Geldmittel fehlten. Das Finanzamt geht
aber von Zahlungsunwilligkeit der Fa. S aus.
Das Finanzamt erlässt am 16.09.2004 eine
Einspruchsentscheidung. Diese ist für Fa. S negativ. Aus dem Inhalt der
Entscheidung ergibt sich, dass Fa. S weitere Gläubiger hat.
Jedenfalls zahlt Fa. S bis zum 01.02.2006 mit
21 Einzelzahlungen insgesamt € 1,6 Mio.
Am 28.11.2006 ist Insolvenzeröffnung.
Insolvenzverwalter I erklärt gegenüber dem Finanzamt die Anfechtung nach § 133
Abs. 1 InsO und verlangt die € 1,6 Mio. zur Insolvenzmasse.
Das Landgericht gibt der Klage statt, das OLG
hebt die Entscheidung auf. Der BGH hebt das Berufungsurteil auf und verweist
den Rechtsstreit zurück an das OLG.
Rechtsgründe
Insolvenzrecht Dresden
Nach
§ 133 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung des Schuldners anfechtbar, wenn der
Schuldner den Vorsatz hatte, seine Gläubiger zu benachteiligen, und der andere
Teil dies wusste.
Diese
Kenntnisse wird nach § 133 Abs. 1 S. 2 InsO vermutet, wenn der andere Teil
wusste, dass Zahlungsunfähigkeit des Schuldners droht und dass seine Handlung
die Gläubiger benachteilige.
Zahlungsunfähigkeit
ist nach § 17 Abs. 2 S. 2 InsO zu vermuten, wenn der Schuldner seine Zahlungen
eingestellt hat. Es muss erkennbar sein, dass der Schuldner nicht in der Lage
ist, seine fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen. § 17 Abs. 2 S. 2 InsO
gilt auch im Rahmen des § 133 InsO.
§
133 Abs. 1 S. 2 InsO führt zur Umkehr der Darlegungs- und Beweislast. D.h. der
andere Teil (hier: Finanzamt) muss darlegen und beweisen, dass
Zahlungsunfähigkeit vorgelegen hat. Es kann z.B. sein, dass nachweislich der
Schuldner mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnete.
Es
ist nicht ausreichend, wenn lediglich „ Zahlungsunwilligkeit“ eingewandt wird.
Der Gegenbeweis der Zahlungsunfähigkeit kann mit einer Liquiditätsbilanz
geführt werden, welche belegt, dass eine Deckungslücke von weniger als 10 %
bestand. Das beklagte Finanzamt hatte dies vorgetragen und unter Beweis
gestellt. Das Berufungsgericht war dem aber nicht nachgekommen.
Die
eigene Einspruchsentscheidung des Finanzamtes ist kein geeignetes Beweismittel
für die Zahlungsunfähigkeit. Sie ist zwar Urkunde i.S.v. §418 ZPO, aber beweist
nicht der Richtigkeit des Inhaltes.
Nach
eigenem Bekunden des Finanzamtes bestanden Beweisanzeichen für die
Zahlungsunfähigkeit: Die Höhe der Steuern seit über 3 Jahren, fehlende
Sicherheiten für eine Stundung sowie die eigenen Erklärungen des Schuldners,
nicht zahlen zu können.
Mein Rechtstipp
Insolvenzrecht Dresden
„Die Insolvenzanfechtung trifft öffentliche
und private Gläubiger geleichmaßen. Zugeständnisse von Gläubigern wie
Stundungen und Teilerlass enthalten immer die Gefahr, dass später sämtliche
Zahlungen zurückgefordert werden “ – so Rechtsanwalt Ulrich Horrion aus
Dresden.
Weitere Informationen finden Sie hier >> www.insolvenzrecht.rechtsanwalt-horrion.de