Montag, 10. September 2012

Scheckzahlung an Vollstreckungsbeamten kann zur Insolvenzanfechtung führen - Insolvenzrecht Dresden


Kanzlei Insolvenzrecht Dresden - Ulrich Horrion
Rechtsanwalt Ulrich Horrion

Scheckübergabe durch den Schuldner an den Vollziehungsbeamten ist keine Zwangsvollstreckung, sondern Rechtshandlung des Schuldners im Sinne von § 133 InsO - Insolvenzrecht Dresden



Rechtsgrundsatz - Insolvenzrecht Dresden

Übergibt der Schuldner dem anwesenden Vollziehungsbeamten zur Abwendung der Zwangsvollstreckung einen Scheck, so liegt dennoch eine Rechtshandlung des Schuldners im Sinne von § 133 InsO vor, die zur Anfechtung und Rückforderung berechtigt ( BGH, Urteil vom 14.06.2012, Az. IX 145/09).

Sachverhalt - Insolvenzrecht Dresden

Finanzamt G hat Steuerforderungen gegen den Schuldner S. Der Vollziehungsbeamte V des G erscheint bei S in den Geschäftsräumen, um mit der Zwangsvollstreckung zu beginnen. Die Zwangsvollstreckung wäre auch erfolgreich.

Zur Abwendung der Zwangsvollstreckung übergibt S dem Vollziehungsbeamten einen Verrechnungsscheck, der auch eingelöst wird.

Nach Insolvenzeröffnung erklärt Insolvenzverwalter I die Anfechtung der Zahlung und fordert die 3.080,80 EUR zurück.

Das Landgericht gibt der Klage statt, das Oberlandesgericht hebt die Entscheidung auf, die Revision wurde zugelassen. Der Bundesgerichtshof gibt dem Kläger recht.   

Rechtsgründe - Insolvenzrecht Dresden

Nach § 133 InsO ist eine Rechtshandlung des Schuldners erforderlich. Daran fehlt es bei einem Vollstreckungszugriff.

Für eine Rechtshandlung des Schuldners ist ein willensgesteuertes Verhalten - Handlung oder Unterlassung - notwendig.

Wenn bereits eine Vollstreckungsperson beim Schuldner ist und der Schuldner nur noch die Wahl hat, die geforderte Summe zu zahlen oder die Zwangsvollstreckung zu dulden, liegt keine willensgeleitete Entscheidung des Schuldners und damit keine Rechtshandlung vor.

Vorliegend hätte der Vollziehungsbeamte jedenfalls nicht den Scheck jedenfalls nicht vollstrecken können, sondern nur Bargeld und sonstige vollstreckbare Gegenstände.

Die Ausfüllung und Hingabe des Schecks setzte ein willensgesteuertes Verhalten des Schuldners voraus. Damit besteht ein Rückzahlungsanspruch des I.

Mein Rechtstipp - Insolvenzrecht Dresden

"Aus Gläubigersicht empfiehlt es sich, seine Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Dann besteht nur ein Rückzahlungsrisiko bei Insolvenz für 1 Monat (§ 88 InsO) bzw. für 3 Monate bei der Verbraucherinsolvenz.", so Rechtsanwalt Ulrich Horrion aus Dresden.

Dienstag, 26. Juni 2012

Insolvenzschuldner darf unpfändbaren Lohn einklagen - Insolvenzrecht Dresden

Kanzlei Rechtsanwalt Ulrich Horrion-Insolvenzrecht Dresden
Rechtsanwalt Ulrich Horrion
Der Arbeitnehmer in der Insolvenz darf Lohnrückstände unterhalb der Pfändungsgrenze selbst einklagen.


 
Rechtsgrundsatz - Insolvenzrecht Dresden

Der Arbeitnehmer in der Insolvenz darf Lohnrückstände unterhalb der Pfändungsgrenze selbst einklagen (Formulierung Autor), Urteil LAG Düsseldorf vom 26.01.2012, Az. 11 Sa 1004/11.

Sachverhalt - Insolvenzrecht Dresden

 Arbeitnehmer A steht im Anstellungsverhältnis. Gegen ihn läuft die Lohnvollstreckung. Der Arbeitgeber B führt regelmäßig Beträge an die Gläubiger ab.

A ist verheiratet. Dann trennt er sich von seiner Ehefrau. Später hat er ein uneheliches Kind. Es wird ein Kinderfreibetrag von 0,5 auf seiner Steuerkarte eingetragen.

Das Nettoeinkommen des A liegt zwischen 1.340,00 EUR und 1.485,39 EUR. Dan wird über das Vermögen des A das Insolvenzverfahren eröffnet.

A verlangt klageweise die Lohnanteile ein, die nach seiner Auffassung nicht hätten an die Gläubiger abgeführt werden dürfen.  

Rechtsgründe - Insolvenzrecht Dresden

 A hat Aktivlegitimation, d. h., er darf selbst klagen. Unpfändbare Lohnanteile fallen nach § 36 I 2 InsO i. V. m. § 850 c ZPO nicht in die Insolvenzmasse.

Die Ehefrau des A war nach § 1360 BGB unterhaltsberechtigt. Dies führ nach § 850 c I 2 ZPO
zur Erhöhung des Freibetrags.

Ob und ggf. in welcher Höhe eigenes Einkommen der Unterhaltsberechtigten anzurechnen ist, hat das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers nach § 850 c IV ZPO nach billigem Ermessen zu entscheiden. Feste Sätze oder Tabellen gibt es nicht.

Die Unterhaltspflicht gegenüber dem unehelichen Kind hätte Arbeitgeber B erkennen müssen, weil ein Kinderfreibetrag 0,5 eingetragen war.

In Höhe der unberechtigten Zahlungen von B an die Gläubiger ist der Lohnanspruch des A nicht erfüllt, § 611 BGB. B muss zahlen.

Mein Rechtstipp - Insolvenzrecht Dresden

"Die Ermittlung von pfändungsfreiem Einkommen kann mit Schwierigkeiten verbunden sein. Es lohnt sich, fachmännischen Rat einzuholen.", so Rechtsanwalt Ulrich Horrion aus Dresden.

Montag, 18. Juni 2012

Versagung der Restschuldbefreiung bei unzureichender Arbeitssuche - Insolvenzrecht Dresden

Rechtsanwalt Ulrich Horrion - Insolvenzrecht Dresden - Kanzlei Horrion
Rechtsanwalt Ulrich Horrion
Gläubiger muss im Antrag auf Restschuldbefreiung die Gründe mangelnder Arbeitssuche glaubhaft machen - Insolvenzrecht Dresden

 achverhalt - Insolvenzrecht Dresden

Schuldner S befindet sich im Insolvenzverfahren. Er ist gelernter Koch, jedoch durchgängig arbeitslos. Er bezieht öffentliche Leistungen.

Gläubiger G beantragt die Versagung der Restschuldbefreiung, weil sich S nicht um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemüht habe. G legt dazu eine Berufsinformation der Bundesagentur für Arbeit für Mitarbeiter in der Gastronomie vor. Danach ist ein Bruttoeinkommen von 1.550,00 EUR brutto, mithin 1.078,00 EUR netto, erzielbar. D. h., es hätten ca. 35,00 EUR monatlich in die Insolvenzmasse fließen können. Außerdem legt G Internetausdrucke für Stellenangebote vor.

Das Insolvenzgericht hat den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung als unzureichend zurückgewiesen, weil Tatsachenbehauptungen nicht hinreichend glaubhaft gemacht wurden. Die hingegen von G eingelegte sofortige Beschwerde hat Erfolg. Die Sache wurde an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Rechtsgründe - Insolvenzrecht Dresden

Der Versagungsantrag des G ist zulässig. Wenn ein Schuldner ohne Arbeit ist, muss er sich ernsthaft um eine Beschäftigung bemühen. Dazu gehört, dass er sich bei der Arbeitsvermittlung meldet und sich auch selbst um Arbeit bemüht.

G hat durch die vorgelegten Unterlagen, nämlich Berufsinformation der Arbeitsvermittlung und Internetausdrucke, das Vorhandensein von Stellen hinreichend glaubhaft gemacht. Damit war glaubhaft gemacht, dass sich S nicht hinreichend um eine Stelle bemüht hat.

Mein Rechtstipp - Insolvenzrecht Dresden

"Für Gläubiger zeigt die Entscheidung die Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Versagungsantrags auf . Schuldner sollten zur Abwehr des Versagungsantrags ihre Aktivitäten um Arbeit dokumentieren und aufbewahren.", so Rechtsanwalt Ulrich Horrion aus Dresden.

Mittwoch, 13. Juni 2012

Restschulbefreiung ist gefährdet, wenn der Schuldner den Insolvenzantrag verzögert - Insolvenzrecht Dresden


Rechtsanwalt Ulrich Horrion Dresden
Unnötiges Verzögern des Insolvenzantrags ohne Aussicht auf Verbesserung der wirtschaftlichen Lage gefährdet die Restschuldbefreiung,  § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO - Insolvenzrecht Dresden

Rechtsgrundsatz - Insolvenzrecht Dresden

§ 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO regelt keine Rechtspflicht des Schuldners zum Insolvenzantrag. Der Gläubiger kann nach dem Schlusstermin keine neuen Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung vorlegen (Formulierung durch Autor), Beschluss BGH vom 16.02.2012, Az.: IX ZB 209/11.

Sachverhalt - Insolvenzrecht Dresden

Schuldner S begeht im Zeitraum 1999 bis 2001 mehrere Betrugsstraftaten. Im Mai 2003 stellt S Insolvenzantrag, das Insolvenzverfahren wird eröffnet. In der Zeit danach wird S wegen 7 Betrugsstraftaten verurteilt. Im Mai 2009 ist die Frist von 6 Jahren des § 288 II. InsO abgelaufen, jedoch dauert das Insolvenzverfahren noch an.

Das Insolvenzgericht beraumt einen Anhörungstermin zum Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung an. Ein Gläubiger G beantragt die Versagung der Restschulbefreiung und stützt sich auf die Strafurteile. Dem S sei seit 1999 seine Zahlungsunfähigkeit bekannt gewesen.

Das Insolvenzgericht protokolliert die Einlassung des Schuldners nicht. Daher bekommt S noch Gelegenheit zur schriftlichen Äußerung. Gleichzeitig schiebt G Unterlagen zum Versagungsantrag nach.

Rechtsgründe - Insolvenzrecht Dresden

Der Versagungsgrund gem. § 290 I. Nr. 4 InsO ist nicht gegeben. Der Gläubiger hat im Anhörungstermin bei Gericht nicht glaubhaft gemacht, dass der S im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag Täuschungs- oder Verschwendungshandlungen vorgenommen hat.

Das Gericht weist darauf hin, dass dem § 290 I. Nr. 4 InsO keine generelle Rechtspflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags entnommen werden kann.

Im Übrigen können Versagungsanträge oder Nachbesserung nach dem Schlusstermin bzw. nach dem Anhörungstermin nicht mehr berücksichtigt werden.

Mein Rechtstipp - Insolvenzrecht Dresden

"Für Gläubiger ist die Vorbereitung eines Antrags auf Versagung der Restschuldbefreiung mit gründlicher Vorarbeit verbunden. Formulierung der Glaubhaftmachung sind einzuhalten, Rechtsrat ist zu empfehlen.", so Rechtsanwalt Ulrich Horrion aus Dresden.

Sonntag, 3. Juni 2012

Branchenübliches Urlaubsgeld fällt nicht in die Insolvenzmasse - Insolvenzrecht Dresden


Kanzlei Ulrich Horrion - Insolvenzrecht
Rechtsanwalt Ulrich Horrion
Ist die Urlaubsgeldhöhe branchenüblich, steht es nicht der Insolvenzmasse zu - Insolvenzrecht Dresden

Rechtsgrundsatz - Insolvenzrecht Dresden

Auch erheblich hohes Urlaubsgeld verbleibt dem Insolvenzschuldner, wenn es auch in vergleichbaren Unternehmen gezahlt wird (BGH, Az. IX ZB 239/10, Beschluss vom 26.04.2012).

Sachverhalt - Insolvenzrecht Dresden

Schuldner S ist in der Metallindustrie beschäftigt. Auf Eigenantrag wird über sein Vermögen am 28.01.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Arbeitgeber des S zahlt an S im Monat Juni Urlaubsgeld i. H. v. 3.377,88. Insolvenzverwalter I beantragt beim Insolvenzgericht, 50 % des Betrages für pfändbar zu erklären.

Das Amtsgericht gibt dem Antrag statt. S legt sofortige Beschwerde ein und das Landgericht erklärt das ganze Urlaubsgeld für unpfändbar. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgte der Insolvenzverwalter die Wiederherstellung des Beschlusses des Amtsgerichts.

Rechtsgründe - Insolvenzrecht Dresden

Nach § 850 a Nr. 2 ZPO (unpfändbare Bezüge) sind unpfändbar für die für die Dauer des Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährten Bezüge, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen. Die Üblichkeit ist festzustellen aus dem Vergleich mit anderen Unternehmen in der Metallindustrie. Derartige Urlaubsgelder sind nach den Feststellungen auch in vergleichbaren Unternehmen üblich.

Die Unpfändbarkeit des Urlaubsgelds ist aus sozialen Gründen gerechtfertigt. Es ist auch nicht gerechtfertigt, die Regelung zum Weihnachtsgeld (§ 850 a Nr. 4 ZPO, 500,00 EUR) entsprechend anzuwenden.

Mein Rechtstipp - Insolvenzrecht Dresden

"Dem Schuldner in der Insolvenz oder in der Einzelzwangsvollstreckung ist bei Zahlung von Urlaubsgeld stets eine Prüfung der Unpfändbarkeit zu empfehlen.", so Rechtsanwalt Ulrich Horrion aus Dresden.